24 November 2025
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Eckpunktepapier zum Industriestrompreis

To The Point
(5 min read)

Der Industriestrompreis kommt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat seine Pläne zuletzt in einem Eckpunktepapier konkretisiert. Darin sieht es einen subventionierten Industriestrompreis von 5 ct/kWh für 50 % des jährlichen Stromverbrauchs der Begünstigten vor. Dies betrifft in Deutschland stromintensive Unternehmen aus rund 91 Sektoren und Teilsektoren, die im internationalen Wettbewerb stehen, wobei die Förderung an Investitionen in die Dekarbonisierung und die Energieeffizienz gekoppelt ist. Die Maßnahme ist auf drei Jahre befristet und umfasst insbesondere auch Regelungen zur Vermeidung von Doppelförderungen.

1. Hintergrund

Am 25. Juni 2025 verabschiedete die EU-Kommission mit dem Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF) einen neuen beihilferechtlichen Rahmen für die Industrie und gab darin bereits die wesentlichen Rahmenbedingungen für den nun kommenden Industriestrompreis in Deutschland vor. 

Der CISAF hat den Rahmen für beschleunigte Genehmigungsverfahren für staatliche Beihilfen geschaffen, die die Dekarbonisierung und die Entlastung der Industrie bei den Energiekosten unterstützen. Der CISAF bildet mithin die Verbindung zwischen nationalen Strompreismechanismen zur Stützung der Industrie und dem EU-Beihilferecht. Als Beihilferahmen verlangt der CISAF von begünstigten Unternehmen eine Strom- und Handelsintensität von je 5% (sowie eine kombinierte Intensität von 2 %). Dies umfasst einerseits regelmäßig und ohne weiteren Nachweis Unternehmen aus den Sektoren nach Liste 1 der Leitlinien für staatliche Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfen (KUEBLL) und andererseits nicht gelistete Unternehmen oder Unternehmen nach Liste 2 KUBELL, wenn diese ihre Strom- und Handelsintensität selbst nachweisen. Auf dieser Grundlage und in Abstimmung mit der Europäischen Kommission hat das BMWE sein Eckpunktepapier zum Industriestrompreis erarbeitet, welches innerhalb der Bundesregierung noch abgestimmt werden muss.

2. Wesentlicher Inhalt des Eckpunktepapiers

Das Eckpunktepapier des BMWE zum Industriestrompreis sieht vor, stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, durch einen subventionierten Industriestrompreis zu entlasten. Der Zielpreis für Strom soll bei 5 ct/kWh liegen, während der Referenzpreis auf Großhandelsstrompreisen der deutsch-luxemburgischen Gebotszone basiert und anhand von Terminmarktkontrakten bestimmt wird. Die Höhe der Beihilfe ergibt sich aus dem Differenzpreis, der 50 % des Referenzpreises beträgt und durch den Zielpreis begrenzt ist.

Begünstigt werden – wie im Beihilferahmen CISAF vorgegeben - Unternehmen aus Sektoren mit erheblichem Verlagerungsrisiko gemäß KUEBLL, insbesondere Teile der chemischen Industrie, der Metall- und Kunststoffverarbeitung, Glas- und Keramikherstellung, Zement-, Batteriezellen- und Halbleiterproduktion sowie weitere Sektoren nach Entscheidung der EU-Kommission. Die anrechenbare Strommenge beträgt grundsätzlich 50 % des jährlichen Stromverbrauchs, mit besonderen Regelungen für Industrieparks. Eine optionale degressive Fördermöglichkeit erlaubt Unternehmen, die Strommenge über die Laufzeit aufzuteilen, sodass im ersten Jahr ein höherer Entlastungseffekt entsteht. 

Unternehmen, die von dem Industriestrompreis profitieren, müssen mindestens 50 % des erhaltenen Beihilfebetrags in ökologische Gegenleistungen investieren, die einen messbaren Beitrag zur Senkung der Kosten des Stromsystems leisten, ohne den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu erhöhen. Die Investitionen können auch auf Dritte übertragen werden und müssen innerhalb von 48 Monaten nach Gewährung der Beihilfe umgesetzt werden, sofern keine technischen Gründe für eine längere Frist vorliegen. Die Erfüllung der Gegenleistungsverpflichtung ist bei Antragstellung durch eine Selbsterklärung nachzuweisen. Zu diesen ökologischen Gegenleistungen können die Entwicklung von Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie, Energiespeicherlösungen, Maßnahmen zur Erhöhung der nachfrageseitigen Flexibilität, Verbesserungen der Energieeffizienz, die sich auf den Strombedarf auswirken, die Entwicklung von Elektrolyseuren für die Erzeugung von erneuerbarem oder kohlenstoffarmem Wasserstoff, auf Elektrifizierung ausgerichtete Investitionen, oder andere Lösungen zur Senkung der Kosten des Stromsystems gehören.

Unternehmen können im Rahmen des Antragsverfahrens weitere Maßnahmen angeben, die, sofern sie einen messbaren Beitrag zur Senkung der Stromsystemkosten leisten, von der Vollzugsbehörde als Gegenleistung anerkannt werden. Die Gegenleistungsoptionen sind damit technologieoffen ausgestaltet. 

Ferner gibt es einen Flexibilitäts-Bonus von 10 %, wenn mindestens 80 % der Gegenleistung in Maßnahmen zur Nachfrageflexibilität investiert werden. 

Darüber hinaus sieht das Eckpunktepapier zum Industriestrompreis vor, dass eine Doppelförderung beziehungsweise Überkompensation ausgeschlossen werden soll. Insbesondere in Konstellationen von Chemie- oder Industrieparks, in denen indirekte Stromverbräuche zur Herstellung von Sekundärenergien und Medien ebenfalls beihilfefähig sind, ist ein Nachweis erforderlich. Dazu bedarf es einer Erklärung des Lieferanten über die Strommengen, die zur Umwandlung in Sekundärenergie und Medien benötigt werden, sowie einer Bestätigung über deren Verwendung durch den Empfänger. Außerdem wird ausdrücklich festgelegt, dass eine Anrechnung der erbrachten Maßnahmen sowohl als Gegenleistung im Rahmen dieses Entlastungsinstruments als auch im Rahmen sonstiger Begünstigungen, die Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen als Gegenleistungen zur Gewährung der Begünstigung fordern, ausgeschlossen werden soll. Zudem wird es nicht möglich sein für Stromverbräuche, sowohl den Industriestrompreis als auch die Strompreiskompensation geltend zu machen. Unternehmen müssen sich zwischen beiden Entlastungsinstrumenten entscheiden (Wahlrecht).

Die Maßnahme ist auf drei Jahre begrenzt (2026–2028). Auszahlungen erfolgen jeweils im Folgejahr. Die Entlastungswirkung soll rund 3 Mrd. Euro betragen, 

3. Einordnung

Der Industriestrompreis ist ein zentrales Instrument der deutschen Industriepolitik, das sowohl die Wettbewerbsfähigkeit sichern als auch die Dekarbonisierung vorantreiben soll. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der EU-Vorgaben des CSIAF, wobei die genaue Ausgestaltung und die Auswahl der begünstigten Unternehmen in den kommenden Wochen finalisiert werden.

Das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen werden. Die Genehmigung der EU-Kommission steht noch aus. Weder im CISAF noch im Eckpunktepapier des BMWE zum Industriestrompreis ist eine formale Antragsfrist (wie zum Beispiel der 30.06. eines Kalenderjahres für die Besondere Ausgleichsregelung) geregelt.

Interessant ist die denkbare Erweiterung begünstigter Unternehmen. Branchen, die nicht in der KUEBLL-Liste 1 geführt werden, sollten jetzt prüfen, ob ihre aktuellen Strom- und Handelsintensitäten sowie weiteren Daten den CISAF-Voraussetzungen entsprechen. Sie sollten sich für den Fall einer positiven Prüfung aktiv in das Gesetzgebungsverfahren einbringen und sicherstellen, dass ein erweiterter Begünstigtenkreis auch in der gesetzlichen Regelung verabschiedet wird. 

Kritiker betonen die befristete Laufzeit und die begrenzte Entlastungshöhe, die möglicherweise nicht ausreichen, um langfristige Investitionsentscheidungen anzureizen. Befürworter erkennen anhand der der im Eckpunktepapier vorgegebenen Zielvorgaben zum Industriestrompreis einen wichtigen Schritt, um die Industrie im internationalen Wettbewerb zu halten und gleichzeitig die Energiewende zu beschleunigen.

Unser Angebot

Wir unterstützen Ihr Unternehmen gerne bei der Prüfung und Inanspruchnahme von Entlastungsinstrumenten wie dem geplanten Industriestrompreis und der Strompreiskompensation – und bei allen Schritten auf dem Weg dahin. Kontaktieren Sie uns gerne für Fragen oder weitere Informationen.

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